Aufmerksame Augen erblickten dreiundvierzig Gestalten in allen Formen und Größen. Während zwei davon Tiere waren, stellte sich der Rest als mehr oder weniger menschlich heraus. Sie waren noch recht genau unterteilt, hielten sich bei denjenigen auf, die sie selbst kannten. Der Innenhof des großen Karrees bot ja auch genug Platz, um sich von den Fremden fernzuhalten. Zu den Picknicktischen am Rande des Hofes, wo ein Eingangstor ins Innere der Gebäude führte, wagte sich noch niemand; obgleich dort Kisten standen, die bedingt ihrer Anzahl gewiss für sie bestimmt waren.
Einige gaben sich neugierig und musterten das Innere des Karrees genauer. Die vier langgezogenen, aber eher niedrigen Gebäude, die den Innenhof umschlossen, waren in mehrere Flure unterteilt. Es gab zehn große Eingangstore; über sechs von ihnen standen Begriffe, die den Wartenden recht wenig sagten.
Fantasiekinder.
Ewigkeitsgeborene.
Sinfoniesänger.
Schlundheimer.
Sternenkrieger.
Anmutsträger.
Dass sie es waren, die in diese Begriffe unterteilt wurden, wussten sie natürlich nicht. Einige konnten es sich denken, stand diese Masse an Leuten doch recht genau in sechs Gruppen unterteilt herum.
„Liebe Gäste, wir freuen uns, dass Sie scheinbar alle sicher in unserem Fabel-Karree angekommen sind. Eine Reise in eine andere Dimension ist immerhin kein Kinderspiel. Ich bin Ihr Vermieter, wenn Sie mich so nennen möchten. Auf den schönen Picknicktischen finden Sie Pakete. Jedes Paket ist an eine bestimmte Person adressiert. Sie werden merken, dass einige davon wesentlich größer sind als andere. Dazu kommen wir gleich. Bitte, begeben Sie sich zu den Pakten und öffnen Sie jenes, das zu Ihnen gehört.“
Die fremde Stimme erklang aus den Lautsprechern, die in allen vier Ecken des Karrees hingen. Obgleich sie keinen vertrauenswürdigen Körper dazu sahen, folgten die Besucher dem Wunsch der Stimme und trotteten zu den Picknicktischen hinüber. Jeder fand das Paket, das an ihn adressiert war. In den meisten befanden sich lediglich Schlüssel mit verschiedenen Farben markiert und goldene Ohrringe.
„Wir bitten Sie, diese Ohrringe anzulegen. Einige Ihrer neuen Mitbewohner sprechen eine Sprache, die Sie ansonsten nicht verstehen können. Die Orz-Ohrringe werden Ihnen die Sprache der anderen in für Sie verständliche Worte übersetzen.
Wie Sie sehen können, hat auch jeder einen Schlüssel erhalten. Jeder Einwohner des Fabel-Karrees erhält ein Zimmer im zugehörigen Flur. Die Schlüssel sind mit den Farben markiert wie die Schriftzüge über den Eingangstoren der Flure.
Hier in Fabelheim, der Zwischenwelt, in welcher Sie sich befinden, gilt jeder unter zwanzig Jahren als minderjährig. Um die Dinge einfach zu halten, sind die Verantwortlichen der Jüngeren stets die Ältesten desselben Flures. Bei direkter Verwandtschaft ist die ältere Person der Verantwortliche, wenn sie das Alter von fünfundzwanzig Jahren erreicht hat.
Die Jüngeren haben gewiss gemerkt, dass ihre Pakete größer waren als die der anderen. Alle Kinder von fünfzehn Jahren oder jünger müssen zur Schule gehen, die in der Woche zwei Mal stattfindet. Dabei haben sie die beigelegte Schuluniform zu tragen. Sechzehnjährige können auf Geheiß ihres Verantwortlichen ebenfalls für höchstens ein Jahr zur Schule geschickt werden, Ältere jedoch nicht mehr. Sollte ein solcher Wunsch da sein, kontaktieren mich die Verantwortlichen bitte im Rathaus von Fabelheim.
Jeder von Ihnen hat die Möglichkeit, jederzeit in seine Heimatwelt zurückzukehren oder Besuch von dort zu empfangen, denn Fabelheim ist über Dimensionstore an den Stadträndern mit all Ihren Heimatwelten verbunden.
Ich als Ihr Vermieter wünsche Ihnen viel Spaß und Freude im Fabel-Karree. Suchen Sie Ihre Zimmer auf, richten Sie sie ein und fühlen Sie sich ganz wie Zuhause. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.“
Wie Sie sehen können, hat auch jeder einen Schlüssel erhalten. Jeder Einwohner des Fabel-Karrees erhält ein Zimmer im zugehörigen Flur. Die Schlüssel sind mit den Farben markiert wie die Schriftzüge über den Eingangstoren der Flure.
Hier in Fabelheim, der Zwischenwelt, in welcher Sie sich befinden, gilt jeder unter zwanzig Jahren als minderjährig. Um die Dinge einfach zu halten, sind die Verantwortlichen der Jüngeren stets die Ältesten desselben Flures. Bei direkter Verwandtschaft ist die ältere Person der Verantwortliche, wenn sie das Alter von fünfundzwanzig Jahren erreicht hat.
Die Jüngeren haben gewiss gemerkt, dass ihre Pakete größer waren als die der anderen. Alle Kinder von fünfzehn Jahren oder jünger müssen zur Schule gehen, die in der Woche zwei Mal stattfindet. Dabei haben sie die beigelegte Schuluniform zu tragen. Sechzehnjährige können auf Geheiß ihres Verantwortlichen ebenfalls für höchstens ein Jahr zur Schule geschickt werden, Ältere jedoch nicht mehr. Sollte ein solcher Wunsch da sein, kontaktieren mich die Verantwortlichen bitte im Rathaus von Fabelheim.
Jeder von Ihnen hat die Möglichkeit, jederzeit in seine Heimatwelt zurückzukehren oder Besuch von dort zu empfangen, denn Fabelheim ist über Dimensionstore an den Stadträndern mit all Ihren Heimatwelten verbunden.
Ich als Ihr Vermieter wünsche Ihnen viel Spaß und Freude im Fabel-Karree. Suchen Sie Ihre Zimmer auf, richten Sie sie ein und fühlen Sie sich ganz wie Zuhause. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.“
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Wie viele von euch vielleicht wissen, liebe ich es zu schreiben und bin deshalb auch im Bereich FanFictions unterwegs. Momentan versuche ich mich dabei arbeitstechnisch gesehen ein wenig zurückzuhalten. Um meinen Drang zum FF-Schreiben dennoch zu befriedigen, habe ich dieses Projekt gestartet. Auf eine solche Idee bin ich schon im vorigen Forum gekommen und hoffe, dass ich sie hier mit genügend eifrigen Lesern und „Mitarbeitern“ umsetzen kann. Der Titel ist nach langem Überlegen entstanden und einfacher geworden, als ich gedacht habe (ich bin damit nicht zufrieden). Mal sehen, ob er noch geändert wird.
Wie an der Einleitung und dem Titel unschwer zu erkennen ist, geht es hierbei nicht um eine epische Story mit Kampf und Action, sondern einfach um One Shots. Das sind so etwas wie Kurzgeschichten, die also in einem Kapitel abgeschlossen sind.
Um mich hierbei nicht auf ein Spiel zu beschränken, sondern auch Crossover zu ermöglichen, teilen sich unsere Helden nun eine Heimat: das Fabel-Karree.
Aber wie gesagt, ich wollte von FanFictions ein wenig zurücktreten; auch gedanklich. Und da mein Interesse an Charakteren ohnehin beschränkt ist, die Auswahl der Charaktere selbst aber riesig ist, hatte ich da eine Idee:
Ihr als Leser könnt mir Wünsche schicken, über wen oder was ich einen One Shot schreiben soll. Das können bestimmte Charaktere sein oder bestimmte Dinge sollen geschehen; oder beides! Bei euren Wünschen solltet ihr allerdings etwas beachten, was ich später noch einmal sagen werde.
Dann gibt’s noch eine andere Möglichkeit: wer Lust hat, kann gern einen eigenen One Shot schreiben. Den könnt ihr mir schicken. Ich spiele dann den Beta-Leser und sage, ob er hier reinpasst oder nicht (in Bezug auf die Regeln, die ich noch nennen werde).
Klingt interessant? (Das hoffe ich doch …)
Dann aufgepasst!
Das Fabel-Karree hat einen bestimmten Aufbau. Sehet und staunet angesichts des „genialen“ Grundrisses der Heimat unserer Helden!

Das Fabel-Karree liegt am Rande der Stadt Fabelheim, die eine Grenzdimension zwischen allen Welten darstellt. Unsere Helden sind über Dimensionstore dazu imstande, in ihre Welten zurückzukehren.
Auf was geachtet werden sollte:
Alle Spiele haben bereits stattgefunden. Dawn of the new World inklusive (mit dem guten Ende!). Ich habe nicht vor, es unnötig kompliziert zu machen und in den Spielen oder gar davor anzusetzen.
Was genau ändert sich jetzt dadurch?
Die krasseste Änderung wird wohl Tales of the Abyss darstellen. Diese Charaktere sind ein ganzes Stück gealtert, wie ihr wisst: das jüngste Mitglied, Anise, ist also schon volle sechzehn Jahre alt.
Aber hey, das war’s im Grunde schon! Ich hab natürlich auch eigene Ideen für One Shots, sodass es hier hoffentlich nicht stirbt, wenn mal keine Ideen reinkommen.
Um den Anfang zu machen, stelle ich gleich das erste Kapitel online. Wenn bis nächste Woche keine weiteren Ideen eingetroffen sind, mache ich auch zunächst mit eigenen Ideen weiter, wenn ich’s hinkriege.
Äh, ach ja!
Kommentare sind natürlich auch so immer gern gesehen. Wie ihr den jeweiligen One Shot fandet, was ihr vielleicht anders gemacht hätte, ob die Charaktere in ihrer Persönlichkeit waren oder nicht.
Ich bin mit den meisten Charakteren noch nie wirklich umgegangen und weiß nicht, wie ich das meistern werde. Wenn ihr mir Kritik darauf gebt, kann ich mich verbessern.
Ansonsten noch das Grundlegende
- Momentan plane ich noch, wöchentlich einen One Shot online zu stellen. Ich hab allerdings selbst gemerkt, dass One Shots im Gegensatz zu einzelnen Kapiteln ein wenig schwieriger zu schreiben sind. Von daher könnte dies mal variieren.
- Ich stelle für das Forum online, nicht für mich. Ein lebendigeres Forum bedeutet, dass die Leute sich eher trauen, sich anzumelden. Allerdings hat man als Autor recht wenig Lust, etwas online zu stellen, wenn man kein Feedback bekommt, da man dies als dezente Andeutung nehmen kann, dass sich niemand interessiert.
Wenn also wochenlang kein Feedback kommt, weder per PN noch öffentlich, stelle ich es auch ein, hier online zu stellen. Da dies allerdings nicht zusammenhängende Geschichten sind, könnte dieser Thread auch nach einem toten Jahr problemlos wiederbelebt werden.
Spoiler sind möglich!
Sie sind sogar ziemlich wahrscheinlich. Ich werde vor jedem Kapitel noch einmal explizit sagen, für welches Spiel ein Spoiler vorausliegt, aber da ich oft nicht weiß, was man genau als Spoiler einschätzen kann und was nicht, kann ich für nichts garantieren. Und ich werde nur die Spoiler „neuerer“ Spiele nennen. Sprich, momentan Graces, the Abyss und Vesperia.
(Die aus Xillia sind noch nicht eingezogen!)
Die Einwohner des Fabel-Karrees
Um das alles hier übersichtlicher zu gestalten, würde ich gerne eine Liste mit den Charakteren posten, die ins Fabel-Karree eingezogen sind. Daran könnt ihr sehen, welche Charaktere „erhältlich“ sind.
Die Fantasiekinder (Phantasia)
- Cress Albia, 17 Jahre
- Mint Adenade, 18 Jahre
- Amber Klein, 17 Jahre
- Claus F. Lester, 29 Jahre
- Chester Burklight, 17 Jahre
- Suzu Fujibayashi, 11 Jahre
Die Ewigkeitsgeborenen (Eternia)
- Reid Hershel, 18 Jahre
- Farah Oersted, 17 Jahre
- Meredy, 16 Jahre
- Keele Zeibel, 17 Jahre
- Chat, 12 Jahre
- Max, 38 Jahre
Die Sinfoniesänger (Symphonia)
- Lloyd Irving, 19 Jahre
- Colette Brunel, 18 Jahre
- Genis Sage, 14 Jahre
- Raine Sage, 25 Jahre
- Sheena Fujibayashi, 21 Jahre
- Zelos Wilder, 24 Jahre
- Presea Combatir, 14 Jahre
- Regal Bryant, 35 Jahre
- Emil Castagnier, 16 Jahre
- Marta Lualdi, 16 Jahre
Die Schlundheimer (the Abyss)
- Luke fon Fabre, 20 Jahre (mit Mieu)
- Tear Grants, 19 Jahre
- Jade Curtiss, 38 Jahre
- Anise Tatlin, 16 Jahre
- Guy Cecil, 24 Jahre
- Natalia Luzu Kimlasca-Lanvaldear, 21 Jahre
Die Sternenkrieger (Vesperia)
- Yuri Lowell, 21 Jahre (mit Repede)
- Estellise Sidos Heurassein, 18 Jahre
- Karol Capel, 12 Jahre
- Rita Mordio, 15 Jahre
- Raven, 35 Jahre
- Judith, 19 Jahre
Die Anmutsträger (Graces f)
- Asbel Lhant, 19 Jahre
- Sophie Lhant, ~ 15 Jahre
- Cheria Barnes, 19 Jahre
- Hubert Oswell, 18 Jahre
- Pascal, 23 Jahre
- Malik Caesar, 41 Jahre
- Richard Windor, 20 Jahre
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Okay ... die Sache mit den Doppelposts ist doch noch nicht geklärt. xD Entschuldigt bitte, aber das braucht wohl noch ein wenig. Ist ja eher eine formale Sache, also nichts wirklich Störendes. Viel Spaß trotzdem!
#1 – Am Anfang läuft nicht alles gut
Spoiler für Graces
Fünf Minuten, bevor der Unterricht begann, waren fast alle Plätze im Klassenraum belegt. Dieser befand sich in einem Container in einer Ecke des Innenhofs. Für Raine, die ihre neuen Schüler hier unterrichten musste, klang das zunächst ungemütlich, war es aber eigentlich nicht. Hier gab es alles, was sie sich wünschte: ausreichend Platz, eine Tafel, viel Kreide, Tische, Stühle und große Fenster zum Lüften, um den Schweißgeruch verzweifelter Schüler zu vertreiben.
Raine war gezwungenermaßen als eine der Ersten auf die Fremden zugegangen, hatte von ihnen Hilfe gefordert, denn weil sie Schüler aus verschiedensten Welten unterrichten musste, hatte sie sich zunächst die unterschiedlichsten Schriftsysteme aneignen müssen. Das Grundlegendste hatte sie zwar geschafft, doch letztlich hatte sie sich entschieden, ihren Schülern einfach das Aselianische Schriftsystem beizubringen. Wie sie in Erfahrung gebracht hatte, waren es nämlich nicht zwei, sondern tatsächlich drei Schüler, dieses System beherrschten. Sheena, die an der einen Schülerin ganz gewiss interessiert war, hatte sie noch nichts erzählt.
Jeder Schüler – momentan waren es sieben an der Zahl – hatte seinen eigenen kleinen Tisch mitsamt Schublade, Blättern und Stiften. Da der Container in die Breite hin recht eingeschränkt war, saßen sie in Zweierreihen vor ihr. Die beiden Kleinsten hockten direkt vor ihrem Lehrerpult. Noch sprachen die Kinder nicht miteinander. Nur Genis und Presea, die die dritte Reihe ausfüllten, tauschten ein paar leise Worte aus, und der kleine Junge in der erste Reihe drehte sich immer wieder zu dem älteren Mädchen um, das allein in der letzten Reihe saß und einen Ausdruck trug, der sagte: Lasst mich allein, ich hab eigentlich Besseres zu tun, als meine Zeit hier abzusitzen.
Keine Minute mehr bis acht Uhr. Ein letztes Mal wurde die Tür in den Container geöffnet und herein trat ein erwachsener Mann; an seiner Seite ein Mädchen, das sich vehement zu wehren schien, hierherzukommen, und verzweifelt versuchte, sich aus dem festen Griff des Erwachsenen zu befreien.
„Bitte verzeihen Sie, Professor. Anise hat sich ein wenig störrisch gestellt“, entschuldigte der Mann sich. In seinem Gesicht lag ein diabolisch amüsierter Ausdruck. Mit seinem Mittelfinger rückte er sich die leicht verrutschte Brille auf seiner Nase zurecht.
„Das kann nicht Euer Ernst sein, Colonel“, seufzte das Mädchen und ließ missmutig die Schultern hängen. „Ich dachte, Ihr habt einen Scherz gemacht. Wie könnt Ihr mir das antun?“
„Du kennst mich doch, Anise“, lachte der Mann, klopfte dem Mädchen zwei Mal tröstend auf den Kopf und kehrte dem Klassenraum dann den Rücken zu. „Viel Erfolg beim Ausweiten deiner Bildung.“
Er schloss die Tür hinter sich, ging auffällig an den großen Fenstern entlang und winkte mit einem hämischen Lächeln auf den Lippen dem Mädchen zu, das sich nun stillschweigend in der letzten Reihe den zweiten Platz sicherte. Die Blicke aller anderen lagen irritiert und belustigt auf ihr.
„Dann sind wir vollständig“, erkannte Raine und erhob sich von ihrem Platz. Die Schüler wurden aufmerksam und wandten sich ihr lauschend zu. „Guten Morgen, Kinder. Ich bin Professor Raine Sage, eure Lehrerin für mindestens ein Jahr. Bevor wir mit irgendetwas beginnen, möchte ich, dass ihr euch aneinander vorstellt. Beginnen wir doch ganz hinten mit unserem störrischen Neuankömmling. Nennt eure Namen, euer Alter und eure Gruppenzugehörigkeit.“
Das Mädchen horchte zunächst verwirrt auf, ließ ihre braunen Augen musternd über ihre Mitschüler schweifen und erhob sich dann. „Ich bin Anise Tatlin. Sechzehn Jahre alt, von den Schlundheimern.“
„Deshalb hast du dich so gewehrt“, erkannte Raine und lächelte zufrieden. Das hatte sie natürlich vorher schon gewusst, war sie doch die Schüler und diverse Informationen zu ihren Hintergründen bereits durchgegangen. „Du müsstest gar nicht hier sein.“
„Der Colonel ist ein diabolischer Sadist“, meinte Anise beleidigt und neigte zustimmend den Kopf. „Ich dürfte mich über die Aktion eigentlich gar nicht wundern. Manche sagen, dass ich einiges von ihm gelernt hätte.“
„Ich freue mich schon auf den Umgang mit dir“, entgegnete Raine heiter und richtete ihren Blick dann auf das Mädchen neben Anise, das sich in dem Moment erhob, als Anise sich wieder niedersetzte.
„Rita Mordio, fünfzehn, Sternenkrieger.“
„Wieso wirkst du so lustlos?“, fragte Raine neugierig. Überrascht war sie allerdings nicht. Von dem, was sie bisher mitbekommen hatte, war es für viele ihrer neuen Mitbewohner gar nicht üblich gewesen, zur Schule zu gehen. Und dieses Mädchen hier galt in ihrer Heimatstadt als junges Genie.
„Ich könnte meine Zeit prima darauf nutzen, Forschungen über Mana zu betreiben“, murrte Rita, ihre Arme abweisend vor ihrer Brust verschränkt. Raine nickte verstehend. „Stattdessen muss ich hier hocken.“
„Wenn du magst, kann ich dir dabei helfen“, sagte sie. „Ich bin eine Halbelfe, Mana ist für mich besonders wichtig. Hier in Fabelheim existiert zwar keines, aber den Großteil können wir auch theoretisch durchgehen.“
„Ehrlich, Sie kennen sich mit Mana aus?“, wunderte Rita sich. Sie presste kurz grübelnd die Lippen aufeinander, zog eine fragende Fratze und rümpfte die Nase, während sie ihre Lehrerin musterte. Jemanden in die Forschungen einzubeziehen, der bereits Erfahrung mit Mana hat, war gar keine schlechte Idee. „Vielleicht könnte ich Ihre Hilfe gebrauchen.“
„Sehr schön“, gab Raine sich zufrieden und richtete ihren Blick fordernd auf ihren Bruder. Der stand gleich auf, betrachtete seine neuen Klassenkameraden, um sich ein Bild von ihnen zu schaffen, und begann mit seiner Vorstellung.
„Ich bin Genis Sage, vierzehn Jahre alt. Von den Sinfoniesängern.“
„Seid ihr Geschwister?“, fragten Anise von hinten her und Genis wandte sich zu ihr um.
„Natürlich sind sie das“, war Rita sich sicher und wies auf Raine. „Sieh sie dir an. Der Kleine sieht aus wie eine männliche Mini-Version von ihr.“
„Klein?“, wiederholte Genis irritiert und genervt zugleich. Er drehte sich wieder zu seiner Schwester um, die ihm bedeutete, sich zu setzen, und richtete die Aufmerksamkeit dann auf Presea neben ihm. Auch sie stand auf und betrachtete zunächst ihre neuen Klassenkameraden. Wer ihre noch nicht allzu viel sagende Mimik lesen konnte, erkannte, dass sie sich nicht wirklich wohl fühlte.
„Mein Name ist Presea Combatir“, stellte sie sich vor und zögerte nun ein wenig. „… vierzehn Jahre alt. Ich komme auch von den Sinfoniesängern.“
„Was ist los, Liebes?“, erkundigte Raine sich, die zu jenen gehörte, die Preseas Mimik verstehen konnten.
„Ich gehör hier nicht hin“, sagte Presea und zuckelte unzufrieden am gelben Saum der allgemein recht dunkel gehaltenen Schuluniform.
„Willkommen im Klub“, mischte Anise sich ein.
„Ich habe Regal gebeten, mich von der Schule zu befreien, aber er meinte, Unterricht wäre gut für mich“, fuhr Presea fort. Raine nickte zustimmend, während Rita sich im Hintergrund empörte, dass sie den „alten Mann“ zwingen würde, sie von der Schule zu befreien, wenn das tatsächlich ging.
„Du brauchst Freunde in deinem Alter, Liebes.“
„Und genau das ist das Problem“, seufzte Presea. Aber Raine winkte ihren Wunsch nur mit einem Lächeln ab und wies sie an, sich wieder zu setzen. Das tat sie und blieb stillschweigend da sitzen. Raine wusste, dass Presea dem Unterricht nicht fernbleiben würde, wenn sie nicht die Erlaubnis dazu hatte. Und früher oder später würde sie sich an diese Situation gewöhnen.
„In Ordnung, ich denke, hier haben wir vorerst ein kleines Problem“, meinte Raine, die sich an das jüngere Mädchen in der zweiten Reihe wandte. Ihre Hand fuhr unvermittelt dorthin, wo sich ein goldener Ohrring an ihre spitzzulaufende Ohrmuschel klammerte. Auf ihrem Pult suchte sie nach der Liste der Schülernamen und fand sie. Sie trat an das dunkelhäutige Mädchen heran und beugte sich zu ihr hinunter.
„Chat?“
Das Mädchen nickte bestätigend.
„Gehört sie zu denen, wegen denen wir die Orz-Ohrringe tragen müssen?“, wollte Genis wissen.
„Sie und zwei andere hier sprechen eine andere Sprache als wir“, meinte Raine. „Sie heißt Melnisch. Ich habe mir das Grundlegende angesehen, aber die Zeit hat nicht gereicht, um mich wirklich hineinzufinden.“
„Und die Ohrringe funktionierten erst, wenn wir uns auf einer Wellenlänge mit Chat befinden“, wusste Rita. „Das heißt, wir verstehen sie vielleicht nie.“
„Du bist immer so pessimistisch“, rief der kleine Junge von ganz vorn zu ihr nach hinten. Sie hob mahnend die offene Handfläche, woraufhin er – obgleich da eine gewisse Entfernung zwischen ihnen war – instinktiv seine Arme schützend über seinen Kopf riss.
„Nicht streiten, Kinder“, bat Raine die beiden, ging zurück zu ihrem Lehrerpult und forderte das andere Mädchen der zweiten Reihe auf, sich vorzustellen.
„Ich bin Sophie Lhant“, sagte das Mädchen, noch während es sich erhob. „Ich bin … ähm … ich weiß nicht, wie alt genau ich bin. Über tausend auf jeden Fall.“
Als allgemeines Aufatmen den Klassenraum durchfuhr, räusperte Raine sich gleich und meinte mit einem Seitenblick auf Presea. „Wir kennen schon genug Eigenartiges, das hier sollte uns nicht zu sehr verwundern. Gut, was hat denn dein Verantwortlicher gesagt, als wie alt du dich vorstellen sollst, Sophie?“
„Der Hauptmann hat gesagt, ich soll mein richtiges Alter sagen“, antwortete Sophie mit einem lieblichen Lächeln und großen, glänzenden Augen. „Aber mein Papa hat gesagt, dass ich jetzt fünfzehn bin, nachdem die Kleine Königin in mir lebt.“
„Wir gehen jetzt einfach davon aus, dass wir wüssten, was das bedeutet, und nehmen an, dass du fünfzehn bist“, entschied Raine damit. „Du kommst von den Anmutsträgern, nicht wahr?“
Sophie nickte bestätigend und setzte sich, als Raine sich an die vorderste Reihe wandte.
„Du wirkst schon die ganze Zeit so, als ob du es kaum erwarten kannst. Stell du dich vor“, sagte sie zu dem kleinen Jungen, der breit grinste und vom Stuhl sprang.
„Ich bin Karol Capel, Anführer der Gilde Heldenmutige Vesperia! Ich bin zwölf und komme wie Rita von den Sternenkriegern!“
„Peinlich genug“, murmelte Rita und versank in ihrem Stuhl. Anise neben ihr kicherte amüsiert.
„Du bist wohl ein ganz aufgeweckter Junge“, lächelte Raine. „Du erinnerst mich ein wenig an Lloyd, als er so alt war wie du … ich hoffe, du bist besser in der Schule als er.“
„Alle sind besser in der Schule als Lloyd“, kommentierte Genis.
„Dann kommen wir zu der Jüngsten“, fuhr Raine fort und drehte sich zu dem Mädchen, das ganz vorn saß. Wie auf Kommando erhob es sich vom Stuhl und drehte sich so, dass es sowohl Raine als auch die Klasse betrachten konnte.
„Ich bin Suzu Fujibayashi, elf Jahre alt. Ich komme von den Fantasiekindern.“
„Fujibayashi?“, wiederholte Genis irritiert und sein Blick wechselte groß zwischen Presea und Raine hin und her. Doch weder seine Schwester noch Presea wirkten so überrascht wie er; bei näherem Überlegen wunderte es ihn nicht. Raine war wahrscheinlich schon vorbereitet gewesen und Presea … war Presea.
„Stammst du aus Mizuho?“, interessierte Raine sich. Suzus Brauen hoben sich verwundert, als sie die Frage realisierte. Sie trat verunsichert einen Schritt zurück.
„Die Außenwelt kennt diesen Namen eigentlich nicht mehr. Wir befürchteten, dass man uns damit schneller finden würde, was wir nicht wollen. In unserer Geschichte gibt es einige Verrate durch Könige, denen wir dienten.“
„Ich schätze, ich werde mich später bei den Fantasiekindern ein wenig nach ihrer Geschichte erkundigen“, meinte Raine nun und lehnte sich auf ihr Pult.
„Wie auch immer. Meine Pläne für euch sind, denen, die das Aselianische Schriftbild nicht beherrschen, genau dieses beizubringen. Das macht es für mich einfacher, da ich mich auch noch um den Unterricht an sich kümmern muss. Momentan geht das allerdings noch nicht, da Chat davon nichts verstehen wird. Für unseren nächsten Schultag, übermorgen, habe ich einen gewissen Keele Zeibel angeheuert, der zwischen uns vermitteln soll.“
„Was machen wir dann heute?“, wunderte Genis sich. Raine neigte leicht den Kopf.
„Wo sind wir hier, dass wir uns nicht mehr melden, wenn wir etwas sagen möchten?“
Genis seufzte tief. „Entschuldigung“, und hob seine Hand.
„Ja, Genis.“
„Was genau machen wir dann heute?“
„Wir gehen raus in die Stadt und lernen Fabelheim ein wenig kennen“, entschied Raine. „Ich habe gehört, im Stadtpark gibt es einen großen Spielplatz. Vielleicht könnt ihr euch dort ein wenig austoben.“
„Ein Spielplatz, he“, gluckste Rita.
„Wie alt sind wir? Elf?“, fragte Genis spottend.
„Ja“, entgegnete Suzu ruhig.
„Ich würde gerne auf den Spielplatz“, sagte Presea.
„Ja?“, wunderte Genis sich.
„Dann können wir auf die Wippe gehen!“, schlug Karol begeistert an Presea gewandt vor. Sie lächelte leicht und nickte.
„Das können wir tun.“
„Was?!“, erschrak Genis und ballte entschlossen die Faust, während sein Blick auf Karol landete. „Vergiss es, ich verlier sie nicht an dich!“
„Du denkst ziemlich laut, Kleiner“, wisperte Rita nach vorn.
„Ich vermute, deine Zuneigung ihr gegenüber ist kein Geheimnis mehr“, kicherte Anise.
„Das war sie noch nie“, seufzte Raine, die ihre Dokumente zusammenpackte und in der Schublade ihres Lehrerpults verstaute. Außer ein paar Gald – das eigenartigerweise das Zahlungsmittel in allen Welten war – nahm sie nichts für den bevorstehenden Schulausflug mit.
„Los, Kinder“, sagte sie dann und erhob sich. Ihre Schüler folgten ihrem Beispiel. „Fabelheim wartet auf uns.“